Wo Baukunst geschätzt wird

von Cukrowicz Nachbaur Architekten

Auf die Vorarlberger Architektur können andere Regionen neidisch sein: Hier gibt es eine hohe Dichte an architektonisch anspruchsvollen Bauten. Cukrowicz Nachbaur Architekten haben dieser Tradition ein unaufgeregtes Ensemble hinzugefügt.

Würde man heute ein Ranking der bedeutendsten Welt-Architekturregionen erstellen, dann belegte Vorarlberg mit Sicherheit einen der ersten zehn Plätze. Ausgezeichnet würde dann nicht nur die Bedeutung der einzelnen Bauschöpfungen, sondern Zahl und Dichte ihres Vorkommens.

Dieses Phänomen ist vergleichsweise neu. Zwar sind Vorarlbergs Barockbaumeister fester Bestand der Fachliteratur, doch meint, wer von Vorarlberger Bauschule oder Baukünstlern spricht, die Generation der ab 1950 Geborenen.

Das sind mittlerweile gut über 60 Personen – ohne die Pioniere, die ihnen vorausgingen. Angesichts der 370.000 Einwohner des Landes eine erstaunliche Zahl.

Dieses Haus will nicht laut sein, sondern unauffällig und selbstverständlich und für den zweiten Blick.

Davon können andere Regionen träumen

So ein Verhältnis ist nur möglich, wo Baukunst geschätzt wird und wo jedes vierte Wohnhaus vom Architekten geplant wird. Von solchen Formulierungen und Zahlen, wie „Bezau Tourismus“ sie auf seiner Website unter der Rubrik „Architektur“ veröffentlicht, können die meisten Regionen jenseits von Vorarlberg nur träumen.

Ganz abgesehen davon, dass die bestehende Baukultur zu immer wieder neuen anspruchsvollen Projekten führt. Ein Teufels-, Pardon, ein Engelskreis. So besehen, müsste man sich über das Haus nicht wundern, das Andreas Cukrowicz und Anton Nachbaur-Sturm für eine befreundete Bauherrenfamilie geplant haben – bekannt sind die Architekten unter anderem durch das Vorarlberg Museum in Bregenz.

„A so a schöas Hus. Und so nette Lüt“

…, sagen selbst die Nachbarn.

Über die Bewohner können wir natürlich nichts sagen. Das Haus jedoch ist tatsächlich schön: Das Grundstück liegt neben dem Grebenbach im Dorfzentrum von Bezau. Die Umgebung ist heterogen.

Klug reagiert das neue Haus daher mit zwei einfachen Baukörpern: einem zweigeschossigen Wohnhaus mit flach geneigtem Satteldach an der schmalen Anliegerstraße und einem quergestellten eingeschossigen Nebenhaus, das nach Norden einen Riegel vorschiebt und eine private Hofsituation bildet.

Unaufgeregtes Ensemble

Außen wie innen entspricht das unaufgeregte Ensemble der örtlichen Bautradition: Die Fassade besteht außen wie innen aus Weißtanne, im Küchen- und Wohnbereich wurden massive Eichendielen verwendet. Die Treppe besteht aus massiver Esche, Türen und Einbaumöbel wurden aus Weißtanne gefertigt. Sämtliche Hölzer sind unbehandelt.

Gutes und trockenes Bauholz, da sind Cukrowicz Nachbaur Architekten sicher, braucht keinen chemischen Holzschutz. Sämtliche Bauteile sind zudem in der Region gewachsen, von heimischen Betrieben entwickelt und gefertigt. Die gesamte Wertschöpfung verbleibt somit in der Region. Die Wertschätzung allerdings geht weit über Bezau hinaus.

Gebäudedaten

  • Standort: Bezau (A)
  • Wohnfläche: 180 m2
  • Grundstücksgröße: 801 m2
  • Zusätzliche Nutzfläche: 94 m2
  • Anzahl der Bewohner: 4
  • Bauweise: Holzbau (Pfosten-Riegel-Konstruktion), Keller massiv
  • Energiestandard: Niedrigenergiehaus
  • Fertigstellung: 2016

Fotos: Adolf Bereuter Fotografie, Dornbirn

Dieses Haus ist erschienen in: „Häuser des Jahres 2017“, Callwey Verlag