Gebauter Dualismus

von Reuter Raeber Architekten

Der Schweizer Ort Riehen ist als Architekturstadt bekannt. Insofern lag die Messlatte hoch für das Haus in Riehen von Reuter Raeber Architekten – bei dem Gebäude handelt es sich um ihr erstes Werk.

Haus in Riehen

Die Hanglage erforderte ein abgestuftes Erdgeschoss; eingearbeitete Mauern formen Garten und Hof und sorgen für Tageslicht im Innenraum.

Als Konstruktion wählten die Basler Architekten Reuter Raeber eine Mischbauweise – der statischen Notwendigkeit und räumlichen Bedürfnissen entsprechend. Der Fußboden im Erdgeschoss, die Feuerstelle und die zwei tragenden Außenwandscheiben wurden aus Beton gefertigt: Er entspricht dem steinigen Untergrund und zeigt sich mit robuster Oberfläche.

Auf dem zweischaligen Beton mit zwischenliegender Dämmung sitzt ein vorfabrizierter, filigraner Holzelementbau mit vorgehängter Metallfassade, der im Obergeschoss die Schlafräume aufnimmt. Das Holzgeschoss aus zwölf Zentimeter starkem Massivholz und 18 Zentimeter Dämmung kragt vorne und hinten aus. Zwei Ausfachungen aus gekreuzten Stahlzugbändern sorgen für Halt und bestimmen den Ausblick. Die Decke über dem Erdgeschoss wird mit Zugstäben an den beiden querliegenden Stahlträgern im Dach aufgehängt.

Auch im Inneren ergänzen sich beide Bauweisen sinnfällig und bleiben erlebbar. So wurden im Erdgeschoss die raumbegrenzenden Flächen aus Eiche gefertigt – sie schaffen eine wohnliche Atmosphäre. Der Betonkubus besteht aus zwei Geschossen: Er trägt eine Querwand und sorgt im Obergeschoss als Badewanne ebenso gut für das statische Gleichgewicht wie für die innere Balance des Badenden.

Ein beziehungsreicher Umgang mit Raum, Struktur, Material und Ort bildet die Grundlage für die Architektur.

Architekturstadt Riehen

Seit 1997 ist das Schweizer Städtchen Riehen auf der Landkarte der Architekturtouristen verortet: Damals wurde die von Renzo Piano entworfene Fondation Beyeler eröffnet. Mit Bauten von Herzog & de Meuron oder Zaha Hadid sind somit Arbeiten von drei Pritzker-Preisträgern auf einem Rundgang zu erleben, wie die Website von „Riehen-Tourismus“ wirbt.

Mindestens ebenso spannend ist Riehens ältere Baukultur: Zahlreiche Privatbauten aus der Zeit des sogenannten „Neuen Bauens“, der 1920er- und 1930er-Jahre, sind hier entstanden und bis heute erhalten, wie etwa die Einfamilienhäuser von Paul Artaria und Hans Schmidt. Die beiden Architekten experimentierten mit der traditionellen Holzständer-Konstruktion und leisteten bautechnische und baukulturelle Pionierarbeit auf dem Gebiet der Stahlskelettbauweise, die erstmals eine freie Grundrissgestaltung möglich machte.

Gebäudedaten

Anzahl der Bewohner: eine Familie
Wohnfläche: 240 m²
Grundstücksgröße: 1.000 m²

Standort: Riehen (CH)
Bauweise: Mischbauweise Beton, Holz, Stahl
Energiestandard: gemäß Normen Basel-Stadt
Fertigstellung: 2016

Fotos: Eik Frenzel, Lausanne www.dreierfrenzel.com

Dieses Haus ist erschienen in: „Häuser des Jahres 2017“, Callwey Verlag