von BeL – Sozietät für Architektur.
Wenn Erweiterung günstiger als Neubau ist
Nach dem Kauf eines Grundstücks mit einem einfachen Siedlungshaus aus den Fünzigerjahren, das eigentlich abgerissen werden sollte, wurde nochmals der Rechenstift angesetzt. Es zeigte sich, dass der Umbau und die Erweiterung des vorhandenen Hauses kostengünstiger sein würden als ein Neubau. Außerdem entsprach das Weiterverwenden dem Prinzip der Nachhaltigkeit, weil die in der Bausubstanz eingelagerte graue Energie nicht verloren geht. Man interpretierte das Siedlungshaus als Rohbau, aus dem sich das neue Haus entwickeln ließe.
Ein Kleinbürgerhaus auf drei Geschossen
Die Architekten führten das in jeder Hinsicht undeutlich artikulierte Kleinbürgerhaus auf seine Ursprünge zurück. Alle drei Geschosse wurden eigenständig entworfen. Die tragenden Wände blieben erhalten, die drei Raumkonzepte wurden dieser vorhandenen Struktur einbeschrieben. Das Erdgeschoss ist in zu zwei Seiten vollständig geöffnete, längs gerichtete Räume organisiert. Sie verbinden den Vorgarten mit dem Garten. Über eine durchgehende Querverbindung mit Doppeltüren werden die neuen Terrassen, die das Haus im Westen und Osten flankieren, angeschlossen. Die schmale Raumfolge dient als Küche, Werk- und Arbeitsraum, die breite als Wohn- und Esszimmer. Die Treppe steht als eigenständiger, neben dem Eingang ablesbarer Baukörper an der Fassade.
Für jede Tageszeit ein anderer Ausblick
Die vier Räume im Obergeschoss sind bis auf das Badezimmer neutral angelegt. Die Besonderheit sind die jeweils in eine andere Himmelsrichtung weisenden Fenster – für jede Tageszeit ein anderer Ausblick. Der Dachraum – momentan nur als gedämmte Hülle ausgebaut – ist ein Universalraum, in den ein weiteres Badezimmer eingestellt ist. Hier könnte das Elternzimmer mit Ankleide entstehen. Ein Gaube gewährt die nötige Höhe und gibt der äußeren Kubatur (ein neues) Profil.
Kleins Haus mit Sichtbeton-Terrassen
Das kostengünstig erweiterte kleine Haus ist ein kleines Haus geblieben. Es ist von 118 auf 152 Quadratmeter gewachsen. Die Erweiterung steht auf den Fundamenten der vorhandenen Terrasse. Sie ist als Stahlbau ausgeführt, mit Holz ausgefacht, die Decken sind aus statischen Gründen betoniert. Die seitlichen Sichtbeton-Terrassen liegen ebenfalls auf vorhandenen Fundamenten. Die alten Außenwände sind gedämmt und verputzt. Die unterschiedlichen Konstruktionen bleiben innen und außen sichtbar, nur die farbliche Fassung kalmiert die Unterschiede.
Pläne und Grundrisse kleines Haus:
Architekt: BeL – Sozietät für Architektur
Das in seinem Umgang mit den historischen Vorbildern, dem Außenraumbezug, der Raumqualität undeutliche Kleinbürgerhaus wird zus einen Ursprüngen zurückgeführt und in die Klassik übergeführt.
Gebäudedaten:
- Wohnfläche: 136 m² (mit 37 m² Ausbauoption)
- Grundstücksgröße: 716 m²
- Zusätzliche Nutzfläche: 116 m²
- Anzahl der Bewohner: 3
- Bauweise Bestand: Gasbeton mit WDVS
- Bauweise Anbau: Wände in Holzbau, Stützen Stahl, Decken Sichtbeton
- Primärenergiebedarf: 52,63 kWh/m2a
- Baukosten gesamt: 260.000 Euro
- Baukosten je m2 Wohn- und Nutzfläche: 1.500 Euro/WFL; 900 Euro/NF
- Fertigstellung: 2011
Fotos:
Veit Landwehr, Köln
Dieses Haus ist erschienen in: „Häuser des Jahres 2013„, Callwey Verlag.
