Symbiose aus Alt und neu

von Ruinelli Associati Architetti

Vielleicht ist das typisch für die Schweiz: Was man in der Region historisch vorfindet, das will man erhalten. So wurde auch die Bausubstanz von diesem ehemaligen Stall erhalten – und zu einem zeitgenössischen Wohnhaus ergänzt.

Vom Stall zum Wohnhaus

Ein Stall am oberen Dorfrand von Soglio, der noch bis in die späten 70er-Jahre landwirtschaftlichen Zwecken diente, wurde zu einem Wohnhaus umgebaut. Obwohl das Gebäude schon einige Zeit leer gestanden hatte, befand sich die Bausubstanz, also Steinplattendach, Mauern und tragende Holzteile, noch in einem guten Zustand. Deshalb lag es nahe, das Wohnhaus in die bestehende Liegenschaft einzubauen.

Materialreduktion für mehr Ambiente

Der rote Faden des Entwurfs bestand darin, die alte Scheune inklusive Dachdeckung bestehen zu lassen. Ruinelli Associati Architetti orientierten sich beim Ausbau an einer radikalen Materialreduktion: Zum einen waren äußere Einschränkungen maßgebend, weil man keinen Kran stellen konnte.

Zum anderen ging es um die inhaltliche Auseinandersetzung: Entweder die Wohnnutzung als Haus im Haus mit einer eingestellten Box realisieren, oder die vorhandene alte Hülle mit den neuen Anforderungen zusammenwachsen zu lassen. Die Architekten haben sich für die zweite Möglichkeit entschieden.

Damit galt es, die Architektur auszubalancieren zwischen zeitgenössischen funktionalen Details, solidem Material und der verträglichen Annäherung an den erhaltenen alten Scheunenumriss.

Neue Materialien: Stampfbeton und Holz

Der fehlende Kran und die groben Steinmauern führten zur Entscheidung, die Wände aus Stampfbeton und die Decken in Holz auszuführen. Damit ließ sich gleichzeitig die Anzahl der Materialien reduzieren. Die Wände stehen nun, gedämmt mit Schaumglas zwischen Beton und Stein, schwer und rau, ebenso massiv wirken die Ablageflächen.

Im Eingangsbereich spürt man die Kieselsteine im Betonboden, der sich mit Dielen aus rohem, unbehandeltem Eichenholz fortsetzt. Die Außenmauern wurden restauriert, erneuerte Eiche-Bretter wurden vor den Fenstern durch verstellbare Lamellen ersetzt, und geschweißte Stahlfenster eingesetzt.

Dank der reduzierten architektonischen Sprache war die Symbiose zwischen Alt und Neu möglich.

Altes und Neues vereint

Auch für den kleinen Garten mit den beiden Innenhöfen wurden diese Materialien verwendet: Stampfbeton für die Mauern und unbehauene Steine aus der Umgebung für eine einfache Pflasterung der Wege.

Die rurale Bauweise mit ihren behäbigen Bossen und kunstlos gefügten Rundstämmen neben der scharfkantigen, jedoch ebenfalls fest und lagernd wirkenden zeitgenössischen Fortsetzung ergab eine spannende Symbiose aus Alt und Neu. In einem offenen, zusätzlichen Wohnraum unterm Dach lässt sie sich hautnah erleben.

 

Gebäudedaten

  • Standort: Soglio
  • Grundstücksgröße: 195 m2
  • Wohnfläche: 135 m2
  • Zusätzliche Nutzfläche: 30 m2
  • Anzahl der Bewohner: 4–6
  • Bauweise: massiv
  • Heizwärmebedarf: 11,4 kWh/m2a
  • Fertigstellung: 2009

Fotos: Ruinelli Associati Architetti SIA

Dieses Haus ist erschienen in: “Häuser des Jahres 2011”, Callwey Verlag.