Wohnkubus mit textiler Hülle

von Julia Bergmann mit Kleyer Koblitz Architekten

Mal Wohnraum, mal Atelier: Durch ein stützenfreies Erdgeschoss können die Bewohnerihr kleines Haus in Potsdam flexibel nutzen. Und auch die textile Fassade lässt individuelle Wünsche zur Lichtsitutation und Einblicken zu.

Wohnkubus mit sich flexibler Außenansicht

Bei dem kleinen Kubus handelt es sich um ein Atelier und Wohnhaus. Die äußere Schicht ist eine textile Hülle, welche zum Teil verschiebbar ist – dahinter schimmert die rote Putzfassade durch. Die wandel- und erneuerbare Stoffhülle besteht aus einem UV-beständigen Kunststoffgewebe – sie steht im bewussten Kontrast zur Dauerhaftigkeit der Konstruktion.

Je nachdem, wie die Bewohner Schatten oder Ausblick bevorzugen, verändert sich die Außenansicht des kleinen Hauses. Bei Nacht leuchtet der Kubus und lässt von Außen erahnen, was sich im Inneren abspielt.

Das Haus liegt direkt an der Potsdamer Kulturlandschaft, die zum Unesco-Weltkulturerbe gehört. Anstelle der ursprünglichen Gewächshäuser sollte hier eine Bebauung in einer zeitgemäßen Architektursprache entstehen.

Offenes Volumen und umschlossene Räume

Im Innenraum gibt es eine Galerie, die durch eine abgehängte Holzbox entsteht. Darunter breitet sich eine großzügige Wohn- und Arbeitshalle mit offener Küche aus, ein fahrbares Regal erlaubt spontan neue Zuordnungen. Die Fläche kann je nach Wunsch der Bewohner als Wohnraum, Büro, Studio oder für Ausstellungen genutzt werden.

Über eine schlanke weiße Stahltreppe erreicht man das Obergeschoss, das durch seine kleinen Kabinette eine völlig andere Raumqualität bietet. Im Querschnitt erkennt man, dass Julia Bergmann mit Kleyer Koblitz Architekten den Raum nach Yin und Yang entworfen haben: der offene Raum wird durch umschlossene ergänzt, an der Außenseite gibt es zusätzlich von außen zugängliche Nebenräume.

Textile Architektur ist eine Architektur des Unewigen und in ihrer Flüchtigkeit verdächtig unherrschaftlich – kommt weich, flagrant und destabil daher.

Kubus in Stahlbauweise

Das Stahltragwerk besteht aus sechs Meter hohen Profilen und darüber liegenden Dachträgern, an denen mit Stahlbändern das Obergeschoss angehängt ist. So bleibt die untere Ebene stützenlos.

Auf die Fassadenstützen ist Trapezblech montiert, darauf schließt sich ein Wärmedämmverbundsystem mit eingefärbtem Silikatputz an. Die Kragkonstruktion der auch als Klimapuffer wirkenden Schiebeelemente ist thermisch vom Tragwerk getrennt.

Innenausbau aus Gipskarton

Innen wurde überwiegend mit Gipskarton ausgebaut, die meisten Oberflächen sind Weiß. Der alle Räume verbindende, mit Polyurethan beschichtete Boden ist fugenlos, die Dachuntersicht der Halle zeigt das weiß lackierte Trapezblech. Lediglich die Holzbox ist mit großformatigen Tafeln aus Seekiefersperrholz verkleidet.

 

Gebäudedaten

  • Standort: Potsdam
  • Grundstücksgröße: 1.500 m2
  • Wohnfläche: 200 m2
  • Anzahl der Bewohner: 2
  • Bauweise: Leichtbau-Stahltragwerk, Wände mit Trapezblech und Dämmung
  • Heizwärmebedarf: 69,4 kWh/m2a
  • Primärenergiebedarf: 59,4 kWh/m2a
  • Baukosten: 320.000 Euro
  • Baukosten je m2 Wohn-und Nutzfläche: 1.600 Euro
  • Fertigstellung: 2008

Fotos: Thorsten Klapsch, Berlin

Dieses Haus ist erschienen in: “Häuser des Jahres 2011”, Callwey Verlag.