Sanierung denkmalgeschützer Räume

Fachwerk Anbau
Das Fachwerkhaus wurde mit einem modernen Anbau versehen

Spagat zwischen Historie und Moderne

In die Jahre gekommen, unterwohnt, runtergekommen, abgewrackt, abrissreif, unrentabel und auch marode – wenn sich Kartons und Säcke mit Unrat stapeln und ein unangenehmer Duft beim Öffnen der Eingangstür entgegnet, sind diese Begriffe bei Besichtigungen und Begutachtungen mit Kaufinteressenten oftmals zu hören – ob bei interessanten Bestandsimmobilien in bester Stadtlage oder vollkommen frei auf dem Land, umgeben von Freiflächen, Wiesen und Feldern. Man wird bereits im Vorfeld negativ berührt und beeinflusst. Und zugegeben, es gehört schon große Fantasie, besser gesagt ein professioneller Blick dazu, spontan qualitätvolle Raum-Situationen und gewachsene Strukturen aus städtebaulicher, architektonischer und auch innenarchitektonischer Sicht ganzheitlich zu erfassen.

Solche Tage bringen Feststellungen hervor, die einen scheinbar modisch gewordenen Begriff wie Nachhaltigkeit ad absurdum führen. Er ist sowohl auf seinen Ursprungspunkt zurückzuführen als auch neu mit Inhalt zu füllen. Gerade bei einem Denkmal wird nicht nur Wert auf die äußere Gestalt gelegt, sondern ganz besonders auch auf seinen geschichtlichen Kontext, seine Kernaussage.

Fassadensanierung Strassenansicht
Die Fassade eines Stadthauses wurde behutsam saniert
Innenausbau Dach Kamin
Bei diesem Innenausbau wurden Dachbalken und historisches Gemäuer sichtbar gelassen

Nachhaltigkeit und Denkmal

Was bedeutet Nachhaltigkeit? Nachhaltigkeit ist geprägt von vielen zusammenhängenden und voneinander abhängigen Parametern. Heutzutage kommt der Revitalisierung, Umnutzung, Sanierung und Modernisierung von Bestandsimmobilien insbesondere auch in energetischer Hinsicht, also dem Umgang mit Ressourcen, eine neue Bedeutung zu.

Die Umsetzung heutiger Anforderungen an Bauwerke, übertragen auf Denkmalsanierungen, ist doch stets eine besondere, verantwortungsvolle Aufgabe, da heutiger Stand der Bautechnik und geforderte Auflagen nicht immer mit den Belangen des Denkmalschutzes konform gehen. Ein konfliktreicher Spagat zwischen der Historie und der Moderne. Nachhaltigkeit bedeutet verantwortungsvoll Bestandsbauwerke in eine sinnvolle, neue Zukunft zu führen und für nachfolgende Generationen dauerhaft und intelligent zu sichern sowie nutzbar zu erhalten.

Dem Denkmal fällt in Bezug auf das Bauen im Bestand zusätzlich ein wesentliches Merkmal zu. Wir haben eine Verantwortung für ein lebendiges Denkmal. Es erfüllte nicht nur eine bestimmte Funktion und Nutzung in der Vergangenheit, sondern stellt auch Zeitzeugen einen soziokulturellen Zusammenhang dar, der von Epoche zu Epoche überliefert wird. Die gewachsene historische Substanz gilt es verantwortungsbewusst und qualitätvoll in unsere Zeit zu überführen, sie in einen zeitgemäßen Kontext zu setzen und trotz oder vielmehr aufgrund des kulturellen, demografischen Wandels die Werte respektvoll zu erhalten.

Denkmalpflege

Die Denkmalpflege in Deutschland wird über das Denkmalschutzgesetz (DenkSchG) geregelt. Maßnahmen an und um Denkmäler bedürfen einer denkmalrechtlichen Erlaubnis und Genehmigung der Maßnahme, nicht nur bei Kunst- oder Baudenkmälern, sondern auch bei Industriedenkmälern oder Bodendenkmälern.

Erkenntnisse und Botschaften aus früheren Zeiten sollen durch den Erhalt und die Pflege von Denkmälern dauerhaft für die Nachfahren gesichert und in die Zukunft übermittelt werden. Denkmaleigentümer sind angehalten, ihre Objekte nach ihren Möglichkeiten instand zu halten. Die örtlichen Denkmalbehörden und jeweiligen Landschaftsverbände bieten fachlich-qualifizierte Beratung und umfassende Entscheidungshilfen für die Denkmaleigentümer oder diejenigen, die Interesse am Kauf eines Denkmals haben. Zusätzlich bieten Denkmäler jeglicher Art nicht nur ein Höchstmaß an charakteristischer Individualität und repräsentativer Selbstdarstellung, sondern werden auch steuerbegünstigt behandelt und gelten als Abschreibungs- und Renditeobjekte. Die Förderung aus Denkmalpflegemitteln kann separat beantragt werden.

Holzbalken Geländer
Das moderne Geländer fügt sich harmonisch an die historischen Holzbalken

Analyse, Entwurf und Ausführung

Mit Abschluss der umfassenden Analyse des Denkmals und Beginn der Entwurfsphase wird in Absprache mit den Denkmalbehörden klar, ob Rekonstruktion oder Erneuerung von Teilbereichen in zeitgemäßer Architektur- und/oder Innenarchitektursprache für die Instandsetzung und Sanierung eines Denkmals infrage kommt.

Je präziser die Grundlagenermittlung und die damit verbunden Feststellung der Originalsubstanz des Denkmals ist, desto genauer kann die konzeptionelle Planung und die resultierende Ausführungsplanung mit integrativer Detailentwicklung auf vorhandene Materialitäten reagieren. Der Baukörper, der Raum und das Gesamtgefüge wirken als Einheit und müssen ganzheitlich betrachtet werden. Hier haben wir als Innenarchitekten die Möglichkeit, diese Qualitäten sensibel durch Abstimmung von Lichtplanungs-, Farb- und Materialkonzept herauszustellen.

Doch Gebäude nutzen, heißt sie zu beleben, Spuren zu hinterlassen, sie Lebenszyklen zu unterwerfen. Und gerade deswegen sollten wir der Patina, einem Vorboten der Vergänglichkeit, besonderen Wert einräumen, der uns stets daran erinnert, nachhaltig und gewissenhaft mit unserem kulturellen und historischen Erbe umzugehen, es zu nutzen und zu pflegen.

Innen Essen
Blick aus der Küche durch die historischen Türen in das Esszimmer
Innen Küche
Moderne Küchengestaltung korrespondiert mit historischer Stuckdecke

Dieser Expertenbeitrag von Andreas Franke ist ein Auszug aus dem Callwey-Handbuch Innenarchitektur 2013/14. Andreas Franke gründete 2002 sein Büro FRANKE Architektur | Innenarchitektur, Bürositz Düren/Hürtgenwald: Entwicklung und Realisierung von ganzheitlichen Gestaltungskonzepten für die Bereiche Architektur und Innenarchitektur. Private, gewerbliche und öffentliche Auftraggeber, Neubau/Bauen im Bestand/Denkmalpflege. Zuvor erwarb er Berufserfahrung als Angestellter und Freiberufler durch projektleitende Tätigkeit für verschiedene renommierte Architektur- und Innenarchitekturbüros.  Er studierte Innenarchitektur an der FH Trier und FH Düsseldorf PBSA, Diplom 1993. An der FH Detmold, HS OWL absolvierte er die ergänzende Hochschulprüfung zur Erlangung der uneingeschränkten Bauvorlageberechtigung.

Weitere Beispiele für Sanierungsmaßnahmen von denkmalgeschützen Einfamlienhäusern finden Sie hier:
Im Denkmal leben
Bungalow im Grünen