Mehrwert hoch zwei

von Michael Aurel Pichler.

Dies ist ein kleines Haus, fast im Ortskern von Hohenwart. Es dient als Wohnraum und Atelier, umfasst tatsächlich nur 78 Quadratmeter Fläche, aber, kalkuliert der Architekt, durch die Zweifachnutzung bestimmter Bereiche verfügt es eigentlich über 122 Quadratmeter.

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Grundriss Erdgeschoss

Diese Reduktion, diese funktionale Bescheidenheit zählt für ihn als konzeptioneller Beitrag zur Nachhaltigkeit.

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Grundriss Obergeschoss

Doppelt nutzen lässt sich das Erdgeschoss. Hier kann man kochen und wohnen, aber auch Kunden empfangen und mit einem Kaffee bewirten. Der grofle Flachbildschirm an der Wand, der abends vielleicht noch die Bundesligaspiele übertragen hat, dient nun als Media-Pool, um einen Entwurf zu präsentieren.

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Schnitt

Auch im Obergeschoss, das man über eine Treppe mit verglasten Eckpodest erreicht, gibt es ein Arbeitsstudio mit Bibliothek, das ebenso mit wenigen Handgriffen in einen Schlafbereich verwandelt werden kann.

An das Haupthaus schließt eine Werkstatt an. Hier werden nicht nur Modelle gebaut, sondern mit Farbe, Holz und Stein weitere handwerklich-künstlerische Ambitionen verfolgt. Bei diesem Projekt, schreibt der Architekt, wurde Raum nicht nach Funktionen, sondern nach Eigenschaften entworfen. Er folgt keinen programmatischen Vorgaben. Verschieden komponierte Elemente mit unterschiedlichen Proportionen und Materialien erzeugen unterschiedliche Eigenschaften des Raumes, sie können deshalb für viele Aktivitäten benutzt werden. Das Haus ist ein monolithischer Betonwürfel. Die Wände wirken innen wie bearbeitete Rohlinge oder Plastiken. Sie zeigen Arbeitsspuren.

Außen folgen auf die Mineralfaserlamellen-Dämmung vier bis fünf feine Putzschichten, die Oberfläche blieb ungestrichen. Die zu öffnenden Fichtenholz-Fenster sind auf der Wandinnenseite angeschlagen, die Festverglasungen schließen außen bündig ab. Die raumhohen Vorhänge sind auch akustisch wirksam. Für Türen und Einbaumöbel wurde massive Schwarzerle verarbeitet. Eine Wärmepumpe heizt und kühlt die Register in der Bodenplatte und der Zwischendecke. Der noch nicht ganz ausgehärtete Beton wurde anstelle eines Estrichs lediglich mit Wasserglas abgezogen.

Für den Architekten ist sein Haus eine Schatulle, die beim Benutzen ein abwechslungsreiches Spiel von Licht und Schatten erleben lässt: Die Öffnungen sind nach raumdynamischen Kriterien gestanzt. Außen- und Innenräume überlagern sich und sind partiell verwoben. Sie rahmen Ausblicke in die Umgebung und bewahren zugleich Privatheit.

Pläne:

Architekt: Michael Aurel Pichler

Ein durchdachtes räumliches Konzept extrapoliert 122 m² Lebensraum aus 78 m² Wohnfläche, ohne dabei die Dimension des Raums zu verändern.

Gebäudedaten:

  • Standort: Hohenwart
  • Grundstücksgröße: 720 m²
  • Zusätzliche Nutzfläche: 25,5 m²
  • Bauweise: Beton monolithisch
  • Fertigstellung: 05/2011

Fotos:

Michael Aurel Pichler, Hohenwart

Dieses Haus ist erschienen in: “Häuser des Jahres 2014”, Callwey Verlag.