Fenster in den Hof

von Stefan Hitthaler Architektur

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Konservativ

Sich selbst bezeichnet der Bauherr als konservativ, der Brunecker Architekt Stefan Hitthaler sieht das jedoch ganz anders: Hätte er sonst einen Wettbewerb unter fünf Architekturbüros ausgelobt? Und hätte er alle Vorschläge des siegreichen Büros mitgetragen? Sogar den, den angedachten Bauplatz zu verlegen? Dabei hatte Stefan Hitthaler bei der Hofführung, die der Bauherr mit jedem der zum Wettbewerb geladenen Architekten einzeln durchführte, auf die Frage, ob er an der von der Familie vorgesehenen Stelle des Grundstücks planen müsse, noch einen genervten Blick und eine wegwerfende Handbewegung bekommen. „Mach was du willst”, lautete die Antwort.

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Konstruktiv

Vielversprechend klang das nicht. Doch der Architekt war sich sicher, dass das Bauvorhaben nicht an die Engstelle des ost-west-orientierten Hofs gehört, im Norden, wo ein zur Disposition stehender Altbau und die Wirtschaftsgebäude liegen. Viel attraktiver und geeigneter erschien ihm der westliche Teil des Grundes. Hier nämlich, hinter einer kleinen Kapelle, wo die Koppeln für die Schafe und Pferde sind und das Gelände um etwa einen Meter verspringt, weitet sich das Grundstück und der Blick öffnet sich in die unverbaute Landschaft. Zurück im Büro machte Stefan Hitthaler sich an die Arbeit und entwarf drei Häuser an dem von ihm favorisierten Ort. Und überzeugte den Bauherren…

gräbt sich ein
schafft raum
ist verankert
löst sich
hebt ab
will frei sein
luft fühlen
das tal spüren

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Kommunikativ

Wobei der Wettbewerbsentwurf dann doch noch verändert wurde: Der neue Bauplatz ist akzeptiert. Die drei Bauten aber, die das Büro für die drei Kinder geplant hatte, verschmelzen zu einem Haus, das sich V-förmig großzügig aufspreizt. Schon beim ersten Entwurf hatte die Ausbildung eines Hofraums im Untergeschoss überzeugt. Heute nehmen die beiden Schenkel den ins Erdreich gegrabenen, intimen und dabei kommunikativen Raum in ihre Mitte. In der einen Flanke finden eine beeindruckend lange Tafel und zahllose Bilder Platz, in der anderen die Balsamicos. Das Erdgeschoss springt auf dem massiven Sockel zurück. Es ist großzügig aufgeglast und wird zum Kochen, Wohnen und Essen genutzt. Darüber – erschlossen über eine elegante, einläufige Treppe im Zwickel des V – befinden sich vier Schlafzimmer und zwei Bäder. Gezielt wurden in diesem Geschoss die Öffnungen gesetzt: Wie Teleskope nehmen die vier Schmalseiten der Gebäudeflügel die Landschaft ins Visier.

Gebäudedaten

  • Standort: Kiens (I)
  • Anzahl der Bewohner: 2
  • Wohnfläche: 400 m2
  • Grundstücksgröße: 3.602 m2
  • Zusätzliche Nutzfläche: 70 m2
  • Bauweise: Mischbau
  • Fertigstellung: 07/2018

Text: Katharina Matzig
Fotos: Gustav Willeit, Corvara – Zürich www.guworld.com

Arch. Stefan Hitthaler
Neurauthstraße 20
I-39031 Bruneck
www.raum.it

Dieses Haus ist erschienen in: „Häuser des Jahres 2019“, Callwey Verlag