

Das am längsten genutzte Zimmer im Haus
Die Vergegenwärtigung, dass wir im Durchschnitt ein Drittel des Tages im Bett verbringen, hinterlässt einen durchaus zwiespältigen Eindruck. Der in unserer Gesellschaft so skrupulös produktiv agierende Mensch schämt sich ein wenig dieser ‚Zeitverschwendung’ – wer wie Gontscharows wunderbare Romanfigur Oblomow gerne lange in den Kissen bleibt, spricht zumindest kaum darüber. Allerdings benötigt der Körper diese Regeneration, und die Bettruhe bringt uns – sofern wir durchschlafen können – einen beträchtlichen Wohlseinsbonus. Außerdem ist es den Philosophen lange schon bekannt, dass wer kreativ sein will, seinem Geist Muße gönnen muss.

Jeder ruht anders
Die Innenarchitektur reagiert hierauf mit einer sehr differenzierten Gestaltung, denn jeder ruht anders. Neben der temporär für den Power Nap umfunktionierten Couch oder besser dem Daybed gilt es, das Schlafzimmer nicht lediglich als belanglose, engräumliche Tagesendstation zu verstehen – mit Schrankwand und düsterem Deckenlicht. Immerhin gibt es dort auch noch andere Tätigkeitsangebote als nur das Schlafen selbst. Zudem ist das positive Energiepotential nicht zu unterschätzen, wenn man morgens in einem geräumigen, frischen, subtil durch Tages- oder Kunstlicht erhellten Ambiente aufstehen kann. Und wer sein Bad nicht unbedingt schwellenlos anschließen möchte, wie es heute Mode zu sein scheint, der kann sich immerhin eine angenehme Fußbodenheizung für den Weg dorthin installieren lassen.
Über den Autor Andreas K. Vetter:
Nach dem Studium der Rechtswissenschaft und Kunstgeschichte in seiner Heimatstadt Tübingen, in Wien, Karlsruhe und Heidelberg arbeitete der Autor zuerst als Kurator für die Bildenden Künste und Architektur in Stuttgart und wechselte dann in die Bildung. Seit 2008 lehrt er Kunst- und Kulturgeschichte an der Hochschule OWL in Detmold. Für Callwey entstanden in den letzten Jahren mehrere Publikationen zu Wohnarchitektur und Innenarchitektur, zuletzt der Kreativatlas „Raumideen„.